klick -> zurück zum bösen Tagebuch

 

 

04.02.2007

ja, das leben spielte mir schon übel mit. erst die nierenkolik, lungenentzündug und dann die weisheitszähne. dabei hätte ich letzters eigentlich schon bequemer hinter mich bringen können. denn schon seit mindestens zwei jahren, weist mich mein zahnarzt bei meinen kontrollbesuchen regelmäßig darauf hin, dass ich mich wohl demnächst von meinen weisheitszähnen verabschieden sollte, da ich beim putzen nicht ganz bis nach hinten an die eingewachsenen zähne komme und diese schon sehr kariesanfällig sind. allerdings schob ich das ganze bisher immer vor mir her, man lässt sich ja nur so ungern ohne wirklichen grund operieren. zwischendurch beruhigt man sich mit phrasen wie "och, die oma ist auch 90 geworden, mit allen weisheitszähnen" und das obwohl die oma eigentlich noch gar nicht so alt ist, noch lebt und schon seit einigen jahren ein gebiss hat. irgendwann war es dann allerdings endlich so weit. morgens beim ersten plunderstückchen kündigte sich das kommende übel schon an. ein stechender schmerz durchzuckte meinen linken, oberen weisheitszahn, brannte die nervenbahn nach oben hoch und schlug in meinem gehirn ein. der gang zum zahnarzt war also unausweichlich geworden. leider erwartete mich am telefon nicht die nette empfangsdame meines zahndoktors, sondern eine anrufbeantworteransage, die mir bestimmt aber freundlich mitteilte, dass ich während der urlaubszeit anrufe und auf eine andere praxis ausweichen sollte. gesagt getan, nach einem weiteren telefonat bekam ich einen termin am folgenden nachmittag. die schmerzen ließen mich meine instinktive angst vor jeglicher zahnbehandlung vergessen (wahrscheinlich ausgelöst von einem marathon von zahnärzten, über logopäden bis hin zum kieferorthopäden in meine kindeheit) und ich verspürte erleichterung und hoffnung.

so stand ich also wenige stunden später vor einem haus in einer neubausiedlung, das mich ein bisschen an die kitschigen anwesen von hollywoodstars erinnerte (es sah ein bisschen so aus, wie das haus aus pam und tommy lees homevideo). an der rezeption duftete es nicht nach desinfektionsmittel, sondern nach räucherstäbchen und duftkerzen. sämtliche monitore und pcs waren übersät mit hässlichen blöcken aus rosenquarz und die empfangsdame lächelte so willenlos, als hätte man ihr das grinsen mit botox uns gesicht geschmiedet. die wände zierten grauenvolle airbrushbilder von wasserfällen, von morgendlichem tau überzogene lichtungen aus irgendeinem urwald oder szenerien die immer eine der folgenden komponenten beinhalteten: pferde (vorwiegend schimmel), mond oder sterne, weitläufige wiesen - eben so ein bisschen wie die fröhlicheren sachen von louis royo, nur ohne titten. und ohne schwerter. im wartezimmer empfingen mich flugblätter und informationsbroschüren zu alternativen behandlungsmethoden, wie zum beispiel operationen unter hypnose oder zähneputzen mit selbstangerührter kräuterpaste. langsam merkte ich, wie meine alte zahnarztangst wieder meinen nacken hochgekrochen kam. vor meinem geistigen auge spielten sich folgende szene ab: ich sah mich schon auf dem behandlungsstuhl sitzen und auf ein schwingendes pendel starren, während irgendein verblendeter kurpfuscher meine zahnwurzeln traktiert, begleitet von irgendeinem yogi im schneidersitz, der das ganze musikalisch mit einem soundtrack aus panflötengedudel, sitargezupfe und klangschalengebimmel untermalte, während ich bei vollem bewusstsein nicht nur den schmerz ertragen, sondern mir mein umfeld auch nöch schöndenken musste.

jedoch wurde ich, bevor ich angsterfüllt unter einem falschen vorwand feige flüchten konnte, aufgerufen. empfangen wurde ich von einer lichtgestalt von arzt, der durchaus nebenberuflich als sektenführer einer ufosekte und endzeitvisionen im stil von louis royo, nur ohne titten und schwerter, durchgegangen wäre: glatze mit weißem vollbart, halboffenes weißes leinenhemd und einem lächeln auf den lippen, das dem der empfangsdame extrem ähnlich war. an flucht war jetzt nicht mehr zu denken, also nahm ich auf dem stuhl platz und machte brav "aaahhhh". als ich nach oben sah, fiel mir auf, dass die decke auch bemalt war, ebenfalls mit einer szenerie aus weidelandschaft und blauem himmel. noch bevor ich genaueres sehen konnte, wurde ich von einem gleißenden licht geblendet. war ich schon tot und im himmel? oder war es doch nur die zahnarztlampe? ich war mir nicht mehr so sicher...

nach einigen minuten herumgekratze auf meinen mittlerweile extrem empfindlichen weisheitszähnen gab er dann zum besten, was mir mittlerweile schon längst klar war, sogar ohne zahnmedizinstudium. "oh jeh, die sehen gar nicht gut aus, die müssen alle raus, am dringensten wohl der hier." er klopfte mit seinem zahnkratzer auf meinen schmerzenden zahn, was sich anfühlte als wollte mir jemand mit dem vorschlaghammer die zirbeldrüse entfernen. "wir können den bösen zahn auch gleich hier ziehen, für die anderen zwei müsstest du dann allerdings zum kieferchirurgen, der hat aber erst am montag wieder auf." der böse zahn? meine güte, wo war ich denn hier gelandet? ich musste sofort hier raus. ich hatte also folgende optionen: sofortiges entfernen des "bösen zahnes" und ein wochenende mit dicker backe und eine weitere operation am montag, oder ein wochenende mit dem bösen zahn und eine komplette operation am montag. ich entschied mich für letzteres. die empfangsdame händigte mir noch ein paar flyer der umliegenden kieferchirurgen aus und ich verabschiedete mich so schnell es ging.

zu hause war ich einen blick auf die handzettel und war beruhigt. auf den fotos der chirurgenpraxis sah man keine einhörner an den wänden, keine räucherstäbchen im wartezimmer und keine rosenquarze auf der elektronik, nur martiale technik, hochtechnisierte apparaturen und schrankwände voll mit guten, chemischen medikamenten und betäubungsmitteln. beruhigt rief sofort an und machte einen termin für den kommenden montag fest. und was mir da passiert ist, kommt in den nächsten tagen.

to be continued...

 

song of the day:

skeleton key - big teeth

 

also, bis demnächst, mein böses tagebuch



na? was könnte das sein?