20.03.2004 hallo mein böses tagebuch, es war freitagabend, eine stressige woche
neigt sich dem ende zu. und was macht man, als pflichtbewusster deutscher
am letzten freitag? richtig, man schaut die vorentscheidung zum grand prix
eurovision de la chanson. man will ja schließlich wissen, welche
quietschnase unser land musikalisch in istanbul vertreten soll. kurz vor
ende des vorentscheids habe ich es dann doch noch vor den fernseher
geschafft und ich schalte ein. gerade noch sehe ich die auswahl fürs
finale in dem entschieden wird wer jetzt endgültig in die türkei fliegt.
zwei teilnehmer werden also ausgewählt und unter diesen zwei gibts dann
nochmals eine stichwahl. klar war für mich, dass die von stefan raab
gepushte monobrow es bis mindestens hierhin schaffen würde. die viel
interessantere frage war eigentlich, wen das deutsche medienvolk per
telefon- und sms-vote noch ins finale befördern würden. meine schlimmste
befürchtung war eigentlich, dass eine nonsensband wie overground oder
heulboje sabrina setlur sich durch den einzug ins finale einbilden würden
gute musik zu machen die irgendjemanden interessiert. aber was dann
geschah übertraf alle meine befürchtungen. nicht die setlur oder sonst
eine meiner albtraumhaften visionen bewahrheitete sich, nein, es war viel
schlimmer. ins finale zog eine band ein, die scheinbar irgendjemand kurz
vor dem contest wieder aus der gosse gezogen hat: scooter. ja, es ist
wahr, die drei vollproleten, angeführt von dem wasserstoffblonden
gurkenkopf h. p. baxter sind wieder unterwegs um hörer ausgereifter,
qualitativ hochwertigen musik per megaphon und langweiligsten bass-drums
akustisch zu penetrieren. diese "band" ernährt sich seit jahren
von opelclubs und den schiffsschaukelnbremsern auf diversen
schützenfesten. denn niemand sonst würde so einen minderwertigen,
kranken scheiß sonst spielen, geschweige denn die cds kaufen. und dafür,
dass sie sich in einem musikvideo an großmeister helge schneider
vergriffen haben, gehören sie sowieso gevierteilt. vom meinem doch schon
etwas tief sitzenden schock erholt, fing ich an mir gedanken zu machen,
wie so etwas passiert sein könnte. dass max ins finale kommt, war klar
und sogar wohlverdient. denn von allen performern ist er wohl der einzige
der sich noch nicht in starallüren und größenwahn verloren hat, und
dass er wirklich singen kann hat er ja bewiesen. aber warum zur hölle
ausgerechnet scooter? ich habe überlegt und mir die synapsen wund
gegrübelt, bis ich endlich auf die einzig logische lösung gekommen bin.
schuld an der ganzen misere ist die abstimmmöglichkeit per sms. denn
scooter spielt genau die krummdäumige zielgruppe an, die sich auch handyklingeltöne für 3,99 € aus der fernsehwerbung bestellen
und mit der dadurch verursachten vierstelligen handyrechnung schon so
manche unterschichtige familie in den endgültigen ruin getrieben hat.
denen waren auch die 49 cent pro sms nicht zuviel, solange sie dadurch
ihren jämmerlichen idolen zum einzug ins finale verhelfen konnten. so
tippten sich wohl komplette freiwillige dorffeuerwehren die finger wund
und das konto leer, nur um scooter einen vorteil zu verschaffen. jetzt
werden wir in istanbul von einer spoilerbraue mit denkerstirn vertreten.
aber immerhin kann sie singen.
song of the day: die kassierer - proletentechno also, bis demnächst, mein böses tagebuch
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