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07.03.2005

hallo mein böses tagebuch,

tja, wir haben's mal wieder geschafft. unser land ist um eine unterschichten-attraktion reicher. so bekam ich vor kurzem eine email mit werbung für eine ganz besondere gala. nein, kein überaltertes volksmusiktreffen mit marianne und michael, sondern die deutsche meisterschaft im thai-kickboxen: "thai-kickbox gala". schon allein der flyer macht klar worum es hier geht. zwei extrem schwitzende vorstadthelden prügeln sich zu sido-backgroundmukke und nach allen regeln der kunst die seele aus dem leib.
yes! that's entertainment. ja, darauf hat deutschland gewartet. nachdem hundekämpfe ja schon seit längerem nur noch in dunklen hinterhöfen abgehalten werden können und beim fußball ja auch nicht immer alles wirklich dem können der zwei mannschaften überlassen ist, wird es wirklich mal zeit für etwas frisches, neues. und wem normales boxen mittlerweile zu langweilig ist, weil schon seit langem kein kampf mehr aussieht wie man es von "rocky I-V" gewohnt ist, der ist beim thaiboxen bestimmt gut aufgehoben.

ich will ja jetzt keine vorurteile schüren, aber irgendwie hab ich das gefühl, dass es ziemlich schlecht um den einfallsreichtum der kämpfer, zumindest was das posen vor der kamrea angeht bestellt ist. zu viele kopftreffer? oder vielleicht gibts ja eine einheitliche regel, in welcher art und weise kämpfer auf den plakaten abgelichtet werden müssen.
generell drängt sich ja einem der gedanke auf, dass hier von vorneherein zum scheitern verurteilte existenzen versuchen mit ihrem einzigen, hochgezüchteten talent, nämlich anderen leuten extrem die fresse zu polieren, versuchen noch etwas aus sich zu machen. "dass mama stolz ist!". den meisten fightern bleibt ja eigentlich auch keine wahl, denn sparringpartner drängen sich den ganzen tag über praktisch auf. erst morgens, auf dem weg zum arbeitsamt der typ, der "geguckt hat". mittags an der dönerbude dann ein passant der einen in der völlig überlaufenen fußgängerzone provozierend angerempelt hat. nachmittags dann einen kollegen, der einen besseren dreier bmw hatte, ja so eine schande muss gerächt werden. und abends dann einen x-beliebigen besucher einer ländlichen proletendisko, weil er die freundin angebaggert hat. ganz klar, so ein tagesablauf hält fit. das kein trainingsobjekt aufgrund der körperlichen unterlegenheit je eine chance gehabt hätte, bliebt meistens unerwähnt. aber für den fairen klassenkampf gibt es ja, "die thai-kickbox gala". wird ja auch endlich mal zeit, dass die hahnenkäpfe um die hackordnung im block in geregeltem rahmen ausgeführt wird.

ich kann's mir schon richtig vorstellen. der ganze parkplatz voller bmws die vor lauter unterbodenbeleuchtung und geschwindigkeitsoptimierenden schwellern und spoilern kaum noch fahren können. dagegen würde jedes "opelclub - buxtehude" oder "waffenschmiede wolfsburg" treffen aussehen wie kindergarten. wenn die 20 € eintritt für mein momentanes finanzdebakel nicht völlig überzogen gewesen wären, wäre ich vielleicht wirklich hingegangen um mir das ganze mal anzuschauen. die vollendung des darwinschen prinzips live - was will man mehr? man könnte vielleicht als steigerung den braunen wählerabschaum aus sachsen einladen, um diverse meinungsverschiedenheiten endgültig unter vier augen auszutragen. zwei fliegen mit einer klappe.

dass selbst die layouter des plakates schon so manchen volltreffer eingesteckt haben kann man unter anderem an der etwas unglücklichen, zusammenhangslosen formulierung "Deutscher Meisterschaft" erahnen.
erstaunlich sind auch die sponsoren: zwei herrenfriseure und ein "mc-döners", was auch immer das sein mag, helfen bei der finanzierung einer deutschen meisterschaft. respekt!

(klick für größeres bild)

song of the day:

queens of the stone age - tangled up in plaid

also, bis demnächst, mein böses tagebuch