14.04.2006 so, da bin ich wieder. zwar etwas zu spät für das dreijahrige, aber immerhin. diesmal gibts auch keine langweilige jubiläumsansprache, denn eigentlich hab ich in den letzten beiden auch schon alles gesagt. vielmehr wollte ich euch von einer neuen erfahrung berichten, um die ich letztes wochenende reicher geworden bin. letztes wochenende war ich auf meiner ersten hochzeit. also nicht direkt meiner, aber immerhin die erste auf die ich wirklich eingeladen war. eigentlich war's ja eher die hochzeit einer freundin meiner freudin, was das ganze eigentlich noch schwieriger gestalten sollte. fakt war, dass diese freundin und meine freundin sich irgendwann mal in der ausbildungszeit kennengelernt, sich dann aus den augen verloren und kurz vor der hochzeit wiedergefunden hatten. was für mich im endeffekt bedeutete, dass ich keine sau kannte. zu allem überfluss hat's das arme mädchen in irgend so ein abgelegenes bauernkaff verschlagen, weit ab von jeder autobahn und landstraße. und das obwohl sie aus einer sehr einflussreichen familie aus sizilien kommt. dorthin waren wir auch eingeladen, doch der flug erschien uns unverhältnismäßig teuer und wir wichen auf die innerdeutsche feier aus, obwohl ich seit "der pate 1" schon immermal auf eine echte mafiahochzeit wollte. so begab es sich, dass ich, aufgrund mangelnden orientierungssinnes meiner freundin, das steuer übernehmen musste. was wiederum bedeutete, dass ich gezwungen war, den kompletten tag nüchtern zu überstehen, da ich ja noch heimfahren sollte. nach fast zwei stunden ätzender autofahrt zu ferienbeginn kamen wir dann endlich an. ein idyllisches bauerndorf, wie aus dem lehrbuch. hochgeklappte bordsteine, der typische landgeruch, geschotterte straßen, degenerierte bevölkerung, ein genpool seicht wie ein frischer kuhfladen. npd wahlplakate hingen hierzulande noch in griffweite und so reichlich, dass ich mich langsam fragte, ob es gesund wäre, hier auf einer italienischen hochzeit aufzulaufen.
wir wollten aber das beste daraus zu machen und versuchten
vor dem standesamt möglichst unauffällig herumzustehen um nicht noch mehr
aufmerksamkeit auf uns zu lenken. auch im standesamt wählte ich
zielstrebig den hintersten sitzplatz ganz aussen am fenster. dummerweise
direkt hinter einer familie mit zwei kindern, schätzungsweise drei und
fünf jahre alt. und entweder hatten sich die beiden kleinen heute früh
heimlich an mamas espressomaschine vergriffen oder hatten es einfach
darauf angelegt, mir mit ihrem herumgespringe tierisch auf den sack zu
gehen. während andere eltern ihre kinder im standesamt alleine duch die
androhung einer flachen hand wie durch unsichtbare knebel gehalten auf den
sitz fesselnden, sprangen die kleinen waldorfkinder vor mir auf den
stühlen herum, durchwühlten mamas handtasche, leerten das münzfach des
portmonees auf den boden oder spielten mit den schnürsenkeln des vaters.
allerdings machten die eltern keinerlei anstalten ihre kinder ruhig zu
stellen - vielleicht wirklich den kaffee mit dem ritalin vertauscht? nicht
das ich mich jetzt hier als spießer outen will, aber mir wäre dieses
alberne herumgezappel dieser fratzenkinder wahrscheinlich selbst auf einem
dead kennedys konzert auf den sack gegangen. die art und weise wie diese
kinder um aufmerksamkeit buhlen ist schon abstoßend genug. und während der
extra engagierte chor noch brian adams "everything i do" vergewaltigte
versuchte ich den kleineren jungen mit meinem jedi-mind-tricks zu
verstören. ich fixierte ihn mit meinem starren blick und durchbohrte ihn
solange ohne zu blinzeln bis er mich ansah, dann setzte ich meine böseste
mine auf und starrte ihn weiter an, bis er sich auf einmal ohne jede
vorwarnung fallen lies. zuerst war ich etwas erschrocken, dachte schon ich
ich hätte ihn aus versehen umgebracht und wollte dann sofort laut jubelnd
aufspringen um meine neu erworbenen, destruktiven geisteskräfte feiern und
die welt zu unterjochen, als ich sah wie das kleine rotzbalg unter den
stühlen zum fenster krabbelte, währen seine schwester damit beschäftigt
war einzelne fäden aus dem strapazierten stoffbezug des stuhls zu ziehen.
in seinem schützengraben unter den stühlen fühlte er sich wohl sicher vor
meinen blicken und kroch immer weiter, dabei zog sein kunstfaserhemd jeden
staubkrümel an wie ein swiffer. als sich der junge bis nach aussen
durchgearbeitet hatte war sein weißes hemd kaminkehrerschwarz und er fing
an, das fenster mit seinen versabberten fingern zu betatschen und den kit
aus den fugen zu knubbeln. die somit erhaltenen kleinen silikonfetzen
formte er dann, nach einem ersten negativen geschmackstest, zu kleinen
klumpen und schleuderte diese auf seine eltern, welche immernoch,
vielleicht starr vor entsetzen, wie angewurzelt auf ihren plätzen hockten.
ich überlegte gerade, wieviel meter seil ich bräuchte um die ganze sippe
fest vertaut in der örtlichen klärgrube zu versenken als die
standesbeamtin mit dem ehepaar aufstand, um das ende dieser langwierigen
zeremonie zu verkünden. danach gings ins freie, sekt für die einen, orangensaft für mich, stilles wasser für die waldorfkinder. danach anstatt holzsägen oder bettuch zerscheiden: gewichte stemmen. sehr komische brauchtümer hat man hier auf dem land. und dann ging es auch endlich im geordneten autocorso den gasthof. unter lautem gehupe schreckten wir so am späten samstagnachmittag arbeitsloses NPD-wählerpack aus dem mittagsschlaf. ich wusste doch, dass der tag auch etwas gutes haben musste. auch im gasthof lief wieder alles fest nach plan. erst kaffee und kuchen, dann spaziergang, dann smalltalk und abendbuffet. im großen und ganzen sind hochzeiten halt doch schrecklich spießige veranstaltungen, vor allem wenn man noch nicht mal die möglichkeit hat sich die feier schönzusaufen. ich finde es eigentlich ziemlich traurig, dass man an seinem "schönsten tag im leben" mit einem stecken im arsch herumlaufen muss. deshalb habe ich das ganze, falls ich überhaupt mal heiraten sollte, auch schon überdacht und werde das ganze komplett arrangieren. falls es sich finanziell machen lässt, fliege ich zum heiraten nach vegas, ganz stilecht mit buddy holly und dolly parton als trauzeugen. dafür schmeiße ich dann zuhause eine party, ohne sitzordnung, dafür aber mit liveband und anzugverbot. und dann wird gerockt - wild wedding! song of the day:
also, bis demnächst, mein böses tagebuch
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