klick -> zurück zum bösen Tagebuch

 

 

15.05.2005

hallo mein böses tagebuch,

gestern ist mir mal wieder etwas echt filmreifes passiert. ich war schon seit längerem auf der suche nach einem türkischen gemüseverkäufer der vielleicht ein paar päckchen selbstimportierten, ägyptischen wasserpfeifen tabak für mich übrig hat. leider hatte ich bisher nicht wirklich erfolg, da die händler scheinbar nur ungern ihre schwarzimporte an deutsche abgeben, denn jeder ohne monobrow und schwarzem schnurrbart könnte ja ein potentieller steuerfahnder sein.

als ich vor kurzem einmal wieder versuchte mittels einer mixtur aus glycerin und melasse den deutschen wasserpfeifentabak auf das feuchtigkeitsniveau des originalen tabaks zu heben und ich dann nach etlichen stunden mischerei eine komische klebrige masse mit kotzgeruch und der konsistenz von bitumen in den händen hielt riss mir endgültig der geduldsfaden und ich schmiß den ganzen dreck in die mülltonne. meine aufregung über diese schreiende ungerechtigkeit musste auch meine freundin julia mitbekommen haben, die sich darauf auch an der suche nach dem guten alten originaltabak beteiligte.

vorgestern stand sie dann freudestrahlend vor meiner tür und berichtete mir, dass sie in einem türkischen supermarkt jemanden gefunden hat, der scheinbar öfters ins ausland fährt oder bekannte hat, die alle paar wochen nach syrien reisen und von dort immer tabak für die verwandschaft hierzulande mitbringen. davon würde er mir gerne etwas abgeben. also fuhr ich mit julia zu diesem supermarkt. sie redete kurz mit der kassiererin, die dann auch die betreffende person aus dem lager rief. vor mir stand ein türkisch aussehender, relativ junger mann, bekleidet mit einer blutverschmierten schürze und einem tropfenden beil in der hand. etwas geschockt erstarrte ich und versuchte den kloß in meinem hals runterzuschlucken. "das ist er!" sagte meine freundin freudig, und er: "hallo, isch harmed." ich schüttelte ihm seine blutige hand. "isch habe noch tabak von letzte reise, eigentlich für opa, aber opa tod." "oh, das ist ja prima! also, das mit dem tabak meine ich." ich versuchte meine freude über das zeitlich passende ableben seines opas zu verbergen. "habe aber nix dabei. du kommen sechs uhr, ich feierabend. hab noch kleinen rest daheim, ich dir schenke für probieren." ich stimmte zu und wir fuhren zu mir nach hause. bis sechs uhr war ja noch etwas zeit.

doch schon kamen mir erste zweifel. er hatte den tabak zuhause, wir sollten aber zu dem laden kommen. was hatte er vor? wollte er uns vielleicht in seine wohnung locken und dort vielleicht überfallen? die wildesten gedanken schossen mir durch den kopf. mittlerweile war auch meiner freundin etwas mulmig zumute. wir schmiedeten einen plan. sie sollte fahren und ich würde hinter dem beifahrersitz sitzen, ein messer in der hosentasche, bereit im falle des falles bis zum äußersten zu gehen. wir wägten die verschiedenen möglichkeiten gegeneinander ab. zwei gegen einen, dieses risiko würde er wohl nicht eingehen, zumal meine freundin auch nicht gerade schwach ist. und eigentlich machte er ja einen sehr freundlichen eindruck. aber sicher ist sicher. es war mittlerweile halb sechs geworden und wir setzten uns in bewegung.

mir ging durch den kopf wie lächerlich die ganze sache eigentlich war. vor ungefähr einem jahr hatte die deutsche steuergesetzgebung verboten shishatabak mit einem feuchtigkeitsgehalt höher als 5% einzuführen, da dieser steuertechnisch in den bereich des "pfeifentabaks" fällt. der haken an der sache: pfeifentabak muss brennen, ebenso wie zigarettentabak und wird oft angefeuchtet um ihn schwerer zu machen, also weniger tabak für den gleichen grammpreis zu verkaufen. um die pfeifenraucher davor zu schützen wurde die 5% hürde eingeführt. shishatabak ist aber anders. dieser verbrennt im idealfall garnicht, sondern dampft nur aus. im idealfall bleibt nach dem rauchen keine asche zurück, sondern ein haufen trockenen tabaks. man raucht also keinen rauch, sondern dampf. dazu benötigt der tabak aber eine hohe, eingeschlossene feuchtigkeit, die in deutschland seit kurzem nicht mehr zulässig ist. der neue shishatabak kann so gut wie gar nicht mehr geraucht werden, außer man feuchtet ihn in einem aufwendigen prozedere mit glycerin und melasse wieder an, bis er seinen feuchtigkeitsgehalt von ca. 30% - 40% erreicht. leider "frisst" das glycerin das aroma des fruchtigen tabaks, so dass der eigentlich spaß beim shisharauchen auf der strecke bleibt. hätte die deutsche gesetzgebung nicht so einen stecken im arsch, hätten wir shisharaucher schon längst eine eigene steuerklasse für unseren tabak und müssten uns nicht in lebensgefahr begeben...

kurz vor sechs standen wir also wieder im supermarkt und warteten auf harmed. die kassiererin rief ihn wieder aus dem lagerraum und er gab uns zu verstehen dass er erst noch den laden saubermachen müsste und dann gleich zu uns rauskäme. also setzten wir uns wieder ins auto. mittlerweile hatte es begonnen heftig zu regnen. nach einer halben stunde klopfte es auf einmal an der beifahrertür, die scheiben waren beschlagen und ich konnte niemanden erkennen. julia öffnete von der fahrerseite aus die tür und draußen stand harmed mit einem anderen düster aussehenden typen. "das ist kollege muhrad. kann mitfahren? wegen regen? wohnt auch wo ich wohne." und noch bevor wir die sache ausdiskutieren konnten saßen die beiden schon bei uns im auto. muhrad hinten neben mir und harmed vor seinem kollegen auf dem beifahrersitz. die plötzlich hinzugekommene zweite person machte mich extrem nervös und ich legte meine hand auf mein einhandmesser in der hosentasche während harmed julia durch die verregneten straßen navigierte. die fahrt verlief ohne probleme und wir kamen schließlich vor dem örtlichen asylantenheim zum stehen. beide stiegen aus. "ihr warten, ich hole tabak für probieren!" sagte hamed und verschwand mit diesen worten im regen. also saß ich mit meiner freundin wieder alleine auf dem parkplatz vor dem asylantenheim, im auto hing noch der geruch von schweiß und knoblauch. erleichterung machte sich breit als es wieder am beschlagenen fenster klopfte. draußen stand harmed, in der hand eine kleine, verschlossene packung tabak. "hier, ich dir schenken, ich nicht rauchen nargile. wenn gut du mir sagen und ich bringen mit aus urlaub für dich." ich nahm das päckchen tabak in die hand, öffnete das steuersiegel und roch an dem tabak. feinste ware. so feucht dass er schon beinahe aus der packung gelaufen wäre. ich bedankte mich vielmals und ehe ich mich versehen hatte, war er schon wieder im regen verschwunden. ich kletterte vor auf den beifahrersitz und atmete tief durch. meine freundin startet den motor und wir fuhren nach hause um den apfeltabak anzutesten. das ergebnis: feinste ware. einen so geschmackvollen und zugleich milden rauch habe ich mit deutschem tabak noch nie hinbekommen.

und was lernen wir aus der ganzen sache? die deutsche steuergesetzgebung hat den arsch offen, man sollte sich nicht vorschnell vorurteilen hingeben und man sollte immer die freundin schicken, wenn man zwielichtige geschäfte erledigen möchte...

 

song of the day:

Deep Purple - Smoke On The Water


also, bis demnächst, mein böses tagebuch