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22.05.2006

am samstag war es mal wieder soweit. grand prix de la chanson de la irgendwas französisches... um uns das ganze nicht nüchtern antun zu müssen legten wir das ganze mit unserer festivalbierprobe zusammen. denn ich habe nach langem suchen und herumorganisieren doch noch karten fürs southside festival mitte juni auftreiben können. also, wer mich, julia, frank, christoph und co. mal live treffen will, sollte aufs southside kommen und nach mir rufen. aber zurück zum thema. da ja bierdosen mittlerweile so gut wie unmöglich zu beschaffen, und bierkästen viel zu umständlich zum transportieren sind müssen wir also auf die unterste kategorie des bierbehältnisses ausweichen: plastikflaschen.
als wäre das nicht schlimm genug gibts von rennomierten brauereien wie dem guten schlappeseppel gar kein plastikbier. um sicherzugehen, dass wir uns auf dem festival nicht die wohlbelegte zunge mit allzu schlechtem biergeschmack verderben haben wir also in jedem supermarkt zugeschlagen und uns einige verschiedene biersorten zum probelauf gesichert.

so saßen wir am samstag abend in franks heimkino, ließen uns von anja konstant nachschub von köstlichstem fingerfood bringen und testen eine sorte nach der anderen. nebenbei lief der grand prix. also, so "nebenbei" wies halt möglich ist mit leinwand, beamer und einer respektablen dolby anlage... pünktlich zum ersten bier startete auch die show, moderiert von thomas hermanns und dem toten aus der lindenstraße. um die stunde bis zum eigentlichen grand prix beginn zu überbrücken zeigte man alte beteiligungen aus aller herren länder, die nach einem, mir zu dem zeitpunkt schon absolut undurchsichtig erscheinenden, votingverfahren ausgesucht wurden. und bitte, liebe fernsehmacher, bitte bitte, lasst nie wieder eine sendung, egal wie bekloppt sie eigentlich sein mag, von zwei schwulen moderieren. versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen jegliche art von sexueller orientierung, aber wenn sich zwei tucken eine dreiviertelstunde lang das maul über die pumphosen von abba und die lederhotpants von dschingis kahn zerreissen, kann man das mit aller liebe nicht mehr als fernsehunterhaltung kategorisieren. hätte ich so etwas hören wollen, hätte ich mich auch am christopher street day vor den H&M stellen können...
aber nach drei bier war das ganze durchgestanden und der grand prix konnte beginnen. interessant ist, dass ich, im gegensatz zu sonst, keinen, durch bierkonsum ausgelösten, sinkenden humorpegel bemerkte. schlechte komödien werden erst nach dem fünften bier halbwegs erträglich, ja teilweise sogar lustig (ich kann mich erinnern dass ich kurz vorm delirium sogar bei american pie ganz kurz geschmunzelt habe...), doch beim grand prix stellte sich eine angenehme gleichgültigkeit gegenüber dem ein, was da so auf zwei meiner fünf sinne eindonnerte. vielleicht lag es aber auch am plastikbier, schwer zu sagen. die einzelnen auftritte und darbietungen will ich jetzt hier nicht einzeln diskutieren, vor allem da ich mich nurnoch schwer erinnern kann. im übrigen finde ich, dass die finnische band ein absolut würdiger sieger ist. immerhin gelang es ihnen über printmedien und internet die europaweite metal-gemeinde zu mobilisieren und dem spießigen grandprix einen dämpfer zu versetzen, der sich gewaschen hat. sehr schön gemacht. ich möchte nicht wissen, die der klosterfrau-melissengeist verbrauch an diesem abend in den altersheimen in die höhe geschossen ist. so manche oma dürfte wohl aufgrund des offensichtlichen, beklagenswerten wertezerfalls kaum ein auge zugemacht haben.

aber ähnlich schlimm ergings auch mir. als ich nach etlichen test- und wiederholungs- und sicherungsläufen der bierverköstigung endlich nachts in mein bett fiel und ich mich zum ausglühen durch die sender zappte, blieb ich bei einer reportage über seeelefanten hängen. sehr beeindruckende tiere, zumindest die männchen. vier tonnen pure männlichkeit die über einen harem vom bis zu 130 weibchen wachen. die hässlichen bullen verteidigen ihre weibchen mit erstaunlicher vehemenz. kann ich garnicht verstehen, wenn man schon 130 hat, kann man doch ruhig ein oder zwei abgeben...
so lag ich also da und sah zu, wie sich zwei vier tonnen schwere bullen in einem blutigen zweikampf gegenseitig zerfetzten, ich war beeindruckt von der brutalität mit der der überlegene bulle den kontrahenten weiter bearbeite, obwohl dieser offensichtlich schon längst aufgegeben hatte. eine selten anzutreffende grausamkeit im tierreich. doch dann, schnitt auf ein kleines seeelefantenbaby das seine mutter suchte. dieses baby war der innbegriff von allem was die wörter "süß" und "putzig" jemals umschreiben könnten. kindchenschema in vollendung, große schwarze augen, treudoofer blick und ein herzzerreißendes jaulen nach seiner mutter. der kontrast zum zuvor gezeigten gewaltakt hätte nicht größer sein können. das baby stupste eine kuh nach der anderen an, wurde aber vertrieben. mit letzter kraft schleppte sich das arme kleine zum bullen und stupste diesen an. der bulle, sichtlich schlecht gelaunt, richtete sich auf, schnellte mit seinem riesigen maul auf das baby herunter und zermalmte seinen kopf zwischen seinen gewaltigen kiefern.
in diesem moment blieb irgendwie die welt stehen. ich fiel aus meinem labilen zustand in ein tiefes loch. das bild fraß sich in meinem plastikbierdelirium vor meinen augen fest. ich konnte nichts mehr sehen, ich war geblendet von dieser szene. ich war perplex, konnte mich nicht bewegen. wie hypnotisiert lag ich da, unfähig zu nur einer emotion. ich war eine leere hülle gefüllt mit einer mischung aus verschiedensten supermarktbieren auf der suche nach auslöschung. mein verstand drohte zu implodieren und kurz vor dem endgültigen abriss wurde mir eines klar:
die natur ist grausamer als ich es je sein könnte. diese erkenntnis gab mir wieder ein gutes gefühl, ich war nicht alleine. und ich konnte einschlafen.


ach ja, die ergebnisse des biertests:

1. platz: karlskrone gold (vom penny)
2. platz: adelskrone gold (vom aldi)
3. platz: adelskrone export (vom aldi)

 

song of the day:
youngblood brass band - nuclear summer

 

also, bis demnächst, mein böses tagebuch


seeelefant zerfleischt hoffentlich gleich greenpeace aktivisten