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16.07.2004 hallo mein böses tagebuch, ja, auch wir im bayrischen nizza bleiben nicht verschont. denn gestern besuchte uns die casting-karawane der popstars serie. und wie es der zufall so will bin ich da gestern dran vorbei gelaufen. sehr interessant. der schloßplatz, auf dem die bühne errichtet worden ist war relativ gut gefüllt. allerdings gab es da nur zwei arten von menschen: aufgetakelte, 14 jährige pseudo stimmwunder, mit mehr makeup als talent oder hirn, und besoffene alternative jugendliche die das casting mit munteren zwischenrufen belebten. wobei mir letztere eindeutig lieber waren. das wichtigste wenn man bei einem solchen casting mitmachen möchte ist, absolut formbar zu sein. ob talentiert oder talentfrei spielt scheinbar keine rolle. es gibt scheinbar genug dumme mädels die für 5 minuten ruhm ihre seele verkaufen würden. aber wenn ich ehrlich bin würde ich da trotzdem gerne mal mitmachen. nicht als teilnehmer, sondern in der jury. dieter bohlen in böse. ich kanns mir schon bildlich vorstellen: die 14 jährige susi betritt in knallengen jeans und ausgestopftem bh die bühne. ein look, zusammengeklaut von britney spears, anastacia und h&m. schon beim ersten lächen reflektieren die sonnenstrahlen von ihrer zahnspange wie von einer discokugel. mit einem schüchternen blick geht sie ans mirko: "hallo, ich bin die susi, ich bin 14 jahre alt, meine hobbys..." "jaja, is gut, haste alles vorhin schon auf den zettel geschrieben. mach hin, ich werd nicht nach stunden bezahlt." werde ich dann gestresst entgegnen. susi wirft noch einmal einen vergewissernden blick auf ihre mutter die rechts neben der bühne steht. die mutter drückt, vollig überzeugt vom grenzenlosen und gottgegebenen gesangstalent ihrer tochter beide daumen und nickt ihr aufmunternd zu. "ich werde jetzt das lied, genie in a bottle von christina aguilera singen" und klein susi legt los. speichelfäden lösen sich aus den drähten der spange und werfen ein konfuses muster in gegen die sonnestrahlen. ich blicke fasziniert auf dieses makramee der körperlüssigkeiten, und versinke im regenbogenartigen farbenspiel der speicheltropfen. meine ohropax spenden mir die nötige ruhe. währenddessen wird ihre quäkende stimme vom unverzeihlichen mikrofon gnadenlos über den ganzen platz katapultiert. tja, singen ohne filter und stimmeffekte ist halt doch nicht jedermanns sache. ich sehe das publikum leiden und freue mich innerlich. ich lehne mich in meinem jury sessel zurück und ziehe mir ein oropax aus dem ohr um auch mal kurz reinzuhören. nach einer kurzen kostprobe entschließe ich mich dazu die leidende menge zu erlösen und drehe das mirko leise. "also uschi" - "susi heißt sie" flüstert meine nachbarin in der jury. "äh, liebe susi. das war ja schonmal nix berühmtes. haste daheim eigentlich schonmal ohne kopfhörer singen geübt? probier das mal, aber bloß nicht vorm spiegel, wäre doch schade wenn das schöne ding nen sprung bekommt. alles in allem hat mich deine performance ein bisschen an britney erinnert. britney war der frosch meiner tochter, den ich mal aus versehen in der einfahrt mit den 335er schlappen meines BMW M3 erwischte. der hat dabei ungefähr genauso geklungen. also susi, mach dir nix draus, es gibt noch haufenweise menschen mit genauso wenig talent wie du. nur kommen die halt nicht zu einem casting und machen sich dort lächerlich. immerhin werden wir deinen ausschnitt bestimmt noch an stefan raab oder so verkaufen können, das gibt nen mega brüller. ansonsten versuchs mal mit sekretärin oder wurstfachverkäuferin." susi rennt verheult zu ihrer mutter, welche mich immer noch mit offenem mund ungläubig anstarrt und die menge tobt und feiert mich. kleine, verzogene kinder zu desillusionieren war schon immer mein traum gewesen. und das jetzt auch noch hauptberuflich, super! frenetisch jubelt mir die menge zu und groupies werfen kurz zuvor noch getragene unterwäsche auf die bühne. und gerade auf dem höhepunkt meines triumphes... ...wache ich auf. scheiße, alles nur geträumt. aber so gut habe ich schon lange nicht mehr geschlafen! song of the day: muse - tsp
also, bis demnächst, mein böses tagebuch
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