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09.08.2004

hallo mein böses tagebuch,

am wochenende war ich auf dem kommz. das kommz ist ein schon fast 30 jahre altes festival, organisiert von althippies für althippies und alle die es werden wollen. natürlich durfte ich da als redakteur einer lokalen musikzeitschrift nicht fehlen und außerdem fühle ich mich dem festival auf komische weiße verpflichtet, da mich meine tante bereits mit 3 monaten das erste mal dahin mitschleifte.. also schleppte ich mich, mein gepäck und meine freundin am freitagmittag bei senkrecht stehender sonne aufs festivalgelände. "servus, ich komm vom abhörn, ich stehe auf der gästeliste," sagte ich zielsicher zu dem bärtigen naturburschen an der kasse. "hmm... moment... wie war der name? hmm... neee... da hab ich nix." na toll. fängt ja schonmal gut an. hätte mich auch gewundert, wenn das kommz auch nur einmal dem ruf, von einem haufen bekiffter althippies organisiert worden zu sein, nicht gerecht würde. aber egal, ich musste mich fügen. geduldig wartete ich ab, bis das organisationskommitee abgeklärt hatte, ob ich nun auf der gästeliste stehe oder nicht. als sich dann nach fast einer stunde alles zu meinen gunsten geklärt hatte, konnte ich endlich aufs gelände. naja, fast. "moment mal!" ich merkte wie sich etwas an meinem rucksack zu schaffen machte. "was ist denn das? getränkedosen?" "ja klar, is doch pfand drauf!" "trotzdem! dosen sind hier nicht zugelassen!" und so kam es dass ich meinen gesamten biervorrat am eingang zurücklassen musste. ich weiß zwar nicht, warum dosen, die doppelt soviel pfand kosten wie flaschen nicht erlaubt sein sollten, aber dem etwas willkürlichen reglement musste ich mich wohl oder übel beugen. als man mir meinen rucksack zwangsentleerte schnappte ich mich schnell noch eine dose, öffnete sie und zog sie in einem satz runter, denn was ich schonmal intus habe kann mir kein bekiffter althippie mehr nehmen, dachte ich mir. kurz nach der zweiten dose kapitulierte ich aber dann noch. die mittagshitze und der alkohol machten mir schon stark zu schaffen und ich wankte in richtung zelt.

wenn ich eines nicht ausstehen kann, sind es diese schnorrenden assis, die eigentlich immer neben mir zelten. das geht dann alle fünf minuten "haste mal feuer, haste mal ne kippe, haste mal dope, haste mal einen gaskocher, haste mal n steak, haste mal nen stuhl, haste mal ein zelt?" dieses jahr aber ohne mich. ich schwor mir keines dieser schnorrenden individuen auch nur im geringsten zu unterstützen oder zu beachten. ich bin ja nicht die sozialstation. und warum eigentlich immer ich? bloß weil ich eigentlich immer vollausgestattet, mit allem was man so braucht auf ein festival fahre? was würden solche schnorrer eigentlich ohne so menschen wie mich machen? erfrieren, verhungern, verdursten oder an nikotinmangel sterben? da sind mir diese ganzen dauerbekifften körnerfresser echt lieber, die liegen nur apartisch in der ecke und gehen einem nicht auf den sack, ausser wenn man mal im dunkeln über einen drüberstolpert.
zum glück war ich diesmal nicht mit meinem eigenen zelt unterwegs, denn auch diesmal schaffte es wieder niemand über unsere zeltschnüre zu steigen. mit erstaunlicher regelmäßigkeit legte sich alle paar minuten der nächste vor unserem zelt aufs maul. das nächste mal spann ich schneidedraht.
die bands waren eigentlich ziemlich gut, allen voran die schwarzwald surf combo "leopold kraus wellenkapelle" die ich euch allen nur ans herz legen kann. natürlich gabs auch noch anderes rahmenprogramm, wie zum beispiel eine alternative laienspielgruppe und die üblichen zirkusaufführungen.

auch sehr geil waren die verkaufsstände, an denen alternativer schmuck, kleidung und schuhe angeboten wurden, um sich auch optisch vom rest der menschheit abzuheben. dass sich mittlerweile alle "vom rest der menscheit abgehobenen" immer mehr ähneln, ja geradezu gleich aussehen und eigentlich überhaupt nichts individuelles mehr haben, da sie alle ihren kram von den gleichen drei verkäufern beziehen stört dabei wenig.

noch lustiger wurde es dann, als so eine kleine, verzogene, fünfzehnjährige H&M göre mit ner kippe in der hand sich nach meinem tunnel im ohr erkundigte. "ich will auch so einen tunnel, das finde ich voll cool. so alternativ und so. wie muss man das machen?" so nett wie ich natürlich bin gab ich bereitwillig auskunft: "also, zu hast zwei möglichkeiten. entweder du hast schon ein loch, dann musst du das vorsichtig aufschneiden, biss das loch so groß ist, dass der gewünschte tunnel reinpasst. das abheilen dauert allerdings ewig und ist sehr schmerhaft. wenn du noch kein ohrloch hast, kannst du dir das fleisch auch im piercingstudio rausstanzen lassen, mit so einem teil mit dem man auch löcher in den gürtel macht. wenn du richtig alternativ sein willst, machst du es wie die urwaldvölker in afrika. nimm einfach ein paar fleischfliegenmaden und setz sie in dein ohrloch. danach pflaster drauf dass sie nicht rauskönnen und dann einfach warten. die fressen dein ohrloch dann auch aus. dauert länger als schneiden, tut aber nicht so weh." angewidert verzog sie das gesicht. "nee, dann will ich doch lieber das tattoo das meine mama für mich rausgesucht hat!"

zufrieden ging ich zurück zu meinem zelt...

 

song of the day:

lepold kraus wellenkapelle - paint it black

 

also, bis demnächst, mein böses tagebuch