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03.10.2004

hallo mein böses tagebuch,

endlich finde ich mal wieder zeit einen neuen eintrag zu schreiben. die berufsoberschule und mein nebenjob nehmen mich doch mehr in beschlag als ich gedacht habe.
mann, was waren das noch zeiten, in der ersten klasse als man sich, noch mit zuversicht und voller vorfreude und einer schultüte größer als man selbst, am ersten schultag auf dem pausenhof getroffen hat. lauter stolze eltern bringen ihre kinder zum ersten schultag, der ring ist freigegeben. wessen sprößling wird sich an die leistungsspitze setzen, welcher wird als erstes eine klasse wiederholen müssen? jetzt wird sich zeigen welche mehr oder weniger pädagogischen erziehungsmethoden in den ersten sechs jahren am meisten gefruchtet haben: die kinder zur intelligenz zu prügeln, notfalls mit gewalt oder doch den kindern das auffassen neuer eindrücke selbst zu überlassen, meistens unterstützt durch unlackiertes holzspielzeug. indirekt wird die grundschule zum klassenkampf unter den erziehern, hier kennt man sich noch, die kinder wohnen alle im selben kaff, und die eltern eben auch. das ganze legt sich erst wenns der sprössling dann doch irgendwann mal auf eine weiterführende schule schafft in der sich der ganze landkreis trifft.

doch das alles interessierte uns am ersten schultag relativ wenig. wichtig war der blaue scout schulranzen. für die mädchen durfte es auch einer in rosa sein. damals waren die mädels sowieso noch überflüssige haßobjekte, da passte ein pinker bücherranzen ganz gut. was allerdings garnicht ging und bis heute eine nicht heilende wunde in sachen schlülerpsychologie darstellt waren schulranzen von mc neill auf deren logo so ein extrem hässlicher köter abgebildet war. wer das pech hatte einen solchen bücherranzen sein eigen zu nennen wurde bis zur vierten klasse nicht mehr froh und war als "hunderanzenträger" abgestempelt, was ungefähr gleichbedeutend mit "kleiner schwuler sodomist" ist.
wichtig war auch die leucht-orangene kappe, die man als grundschüler aus gründen der aktiven verkehrssicherheit von der deutschen verkehrswacht verpasst bekam. ein lieblos, irgendwo in west-namibia zusammengetackerter fetzen stoff mit pappeinlage die keinen regen überlebte, der die kleinen davor bewahren sollte als gallionsfigur eines dreier bmws zu enden, dessen fahrer mal wieder mit verklärtem blick im tiefflug durch die dreißigerzone pflügte. dass man die kleinen mit der leuchtfarbenen kappe auch gerne mal mit den gleichhohen baustellenpylonen verwechselt bleibt bis heute komischerweise verschwiegen und die dunkelziffer der, versehentlich an baustellenauflösungen mit eingepackten erstklässler steigt ständig.
einen weiteren nachteil hatte die kappe auch noch, denn mit ihr war mal gnadenlos als erstklässler gebranntmarkt. und somit freiwild für die bösen, grausamen und zu allem überfluss viel stärkeren viertklässler, die einem leuchorange gekennzeichneten kind auf dem schulweg schon gerne mal das pausenbrot aus dem scout bücheranzen prügelten.

doch von all diesen dingen wollte man an seinem ersten schultag noch nichts hören. also, noch schnell das obligatorische foto vor der schultafel mit jahreszahl und dann ab ins klassenzimmer und somit rein in einen nicht enden wollenden strudel der sich bildungsweg nennt. ab jetzt gibt es kein zurück mehr, neun jahre sind das mindeste, manche bekamen sogar schon lebenslänglich. dass das ganze kein zuckerschlecken wird merkte man spätestens am zweiten schultag als die griff-waage des scoutschulranzens unweigerlich, von tonnen an büchern, blöcken, stiften und sonstigem schulkram bis zum anschlag gerissen wurde und somit die totale überbelastung zum ausdruck gerbacht wurde. dass diese erfahrung nicht nur bandscheiben- sondern auch psycholgische probleme mit sich bringt war klar. schnell kristallisierten sich die ersten aussteiger heraus. sonderlinge, kinder von armen eltern, kinder mit hautausschlag, kinder mit cordhosen. das darwinsche' prinzip setzt sich auch hier durch und bald war die allgemeine hackordnung aufgestellt. in jeder klasse gab es immer einen idioten, einen mit ADS, eine schöne und einen schönling, einen dicken, eine heulsuse und einen mit milchschnitte als pausenbrot. jetzt gilt es nurnoch, sich auf die richtige seite zu schlagen und möglichst viele leute für eben diese zu mobilisieren. früh übt sich was später mal gut mobben will.
man ist ja nicht zum spaß gekommen.

das merken auch die eltern des schülers recht schnell. spätestens wenns mit einer ellenlangen einkaufsliste und blutendem geldbeutel an die materialbeschaffung geht. auf der liste stehen hefte in allen möglichen liniaturen, schreiblernfüller, schablonen, heftumschläge, bucheinbände, wasserfarbkästen und natürlich noch der obligatorische kieser block. mit diesem block hat sich die firma brunnen wohl gesundgestoßen. jeder musste ihn verwenden. es gab keine ausnahme. keine anderen blätter wurden akzeptiert, kein anderer block durfte gekauft werden, was man auch am preis merkte. faltete man dann doch einmal einen papierflieger aus einem kieser-blatt, sollte man sich tunlichst nicht von seinen erziehungsberechtigten schulsponsoren dabei erwischen lassen...

kein wunder dass ich seit der fünften klasse ausschließlich rucksäcke und collegeblocks verwende. nicht für die schule lernen wir, sondern für das leben!

ACH JA, KLEINER HINWEIS NOCH: DER MALWETTBEWERB LÄUFT NOCH UND BISHER IST NOCH NICHTS ENTSCHIEDEN! ALSO - MITTMACHEN! DA DIE BEITEILIGUNG LEIDER NIEDRIGER IST ALS GEDACHT, STEHEN EURE CHANCEN NOCH RECHT GUT!

song of the day:

deftones - back to school

 

also, bis demnächst, mein böses tagebuch


das zeichen der geächteten


der klassiker