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29.11.2003

hallo mein böses tagebuch,

ich hab gestern im fernsehen mal wieder die neue premiere world werbung gesehen. ihr wisst schon, die, in der die zwei mädchen am heiligabend so schrecklich schief flöte spielen. so schief eben, dass sich die eltern wüschten, sie hätten damals mit einem premiere abo den abend verbracht, und nicht in trauter zweisamkeit im bett. anstatt zwei bälger die das trommelfell auf eine ordentliche zerreissprobe stellen, hätten sie dann jetzt andré rieu beim fiedeln zugucken oder die neuesten weihnachtsfilme bei einer heißen tasse glühwein genießen können. aber, auf kies gefurzt. für irgendwas muss der blockflötenunterricht ja gut gewesen sein. 

das erinnert mich irgendwie auch ein bisschen an weihnachten früher bei uns. heiligabend trifft sich bei uns die ganze famile bei der oma zum festlichen essen. eigentlich ists garnicht so festlich, es ist eben die typische familien-feiertags-fress-orgie wie wir sie ja alle kennen. die oma kocht als gäbe es kein morgen mehr und die insgesamten kalorien auf dem festtagstisch würden locker ausreichen um eine neubausiedlung eineinhalb jahre lang mit strom zu versorgen. aber es gab keine gnade. bevor nicht die letzte bratwurst, der letzte fisch, das letzte belegte brot gegessen war, gabs keine geschenke. also hockte ich als damals 12 jähriger ungeduldig auf meinem stuhl, und gab mein bestes um das essen so schnell wie möglich zu dezimieren. vor der bescherung kam aber immer noch die schlimmste prüfung: das singen. keiner unserer familie kann wirklich singen, geschweige denn dass jemand "stille nacht" weiter als bis zum refrain konnte. die einzigste die wirklich gesungen hat, war immer die oma gewesen, der rest nuschelte irgendwas in sich hinein. 
aber während des singens versucht opa schon seit jahren die gleiche prozedur, die ich jedes jahr mit wachsender begeisterung und spannung beobachte. über den weihnachtsbaum verteilt hängen bei oma immer wunderkerzen. vielleicht so um die zwanzig stück. opa zündet nun die erste an, dann die zweite, dann die dritte, und so weiter... allerdings wenn man dann bei der fünften oder sechsten angekommen ist, sind die ersten schon längst wieder verglüht. in guten jahren hat es opa dann schon mal auf 12 parallel brennende wunderkerzen gebracht. die ganze sisyphusarbeit wird von meinem vater penibel beobachtet, der immer eine hand schon am feuerlöscher hat. eigentlich warte ich jedes jahr aufs neue auf den weihnachtlichen supergau in form des brennenden weihachtsbaumes und des mit löschschaum versauten wohnzimmerteppichs, bisher blieben wir jedoch (gottseidank) davon verschont. 
das schlimmste allerdings war, dass meine eltern irgendwann mal auf die idee kamen, meinen bruder in den gitarrenunterricht zu stecken. so kam es, dass mein musikalisch wenig begabter bruder, zu diesem zeitpunkt vielleicht sieben oder acht jahre alt, mit seiner kindergitarre im wohnzimmer der oma saß und mit aller gewalt oh tannenbaum aus der klampfe quälte. meine mutter stand immer voller stolz daneben und versuchte soetwas wie einen takt zu klatschen. irgendwie tat er mir schon leid. zu allem überfluss hatte mein bruder als kind eine sehschwäche auf einem auge, die dadurch korrigiert wurde, dass das gute auge mit einem pflaster abgeklebt wurde um so das schlechte auge zu fördern. bei den pflastern waren dann so lustige rubbelbildchen dabei, die man auf das pflaster rubbeln konnte. von nahem sah das alles ja noch ganz witzig aus, vom weitem sah es mit dem hautfarbenem pflaster so aus, als hätte mein bruder nur ein auge und das andere wäre lieblos mit einem dicken filzer daneben gemalt. so saß der arme kerl also kurz vor der bescherung nervlich total am ende und mit nur einem auge auf seinem hocker und zupfte bis seine finger bluteten. ich hatte früher schon öfters streit mit meinem bruder, aber in diesem moment hat er mir echt furchtbar leid getan. mittlerweile spielt er keine gitarre mehr und wir vestehen uns prächtig...

songs of the day:

CKY - Shitty Christmas

also, bis demnächst, mein böses tagebuch